Autor: admin

  • Lukas Theune: »Es geht um die Bestrafung einer Widersacherin«

    Interview mit Strafverteidiger Lukas Theune über den Stand des seit März laufenden Gerichtsverfahrens gegen die ehemalige RAF-Militante Daniela Klette

    Wenn Sie nur einen Aspekt nennen dürften, der den Prozess gegen Daniela Klette zu einem einzigartigen macht, welcher wäre das?

    Der Aufwand, mit dem dieser politische Prozess betrieben wird. Angeklagt sind ganz normale Raubstraftaten, eine davon als versuchter Mord, nichts Ungewöhnliches für ein Landgericht. Wegen der Person unserer Mandantin wird dieser Prozess betrieben, als ginge es um ein einmaliges Jahrhundertverfahren. Da werden keine Kosten und Mühen gescheut, Millionen investiert, die woanders dringend gebraucht würden und eine absurde Hochsicherheitsatmosphäre aufgebaut: mit Maschinengewehren bewaffnete Beamte, Natodraht, penibelste Durchsuchungen. Das steht völlig außer Verhältnis.

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  • Burkhard Garweg: Das falsche Primat

    Die Junge Welt dokumentiert einen Brief Burkhard Garwegs an Caroline Braunmühl. Die Tochter des 1986 von der Roten Armee Fraktion (RAF) erschossenen Diplomaten Gerold von Braunmühl hatte im Januar 2025 auf eine Stellungnahme des ehemaligen RAF-Militanten zur Verhaftung Daniela Klettes (Taz, 21.12.2024) reagiert. Darin distanzierte sie sich von Äußerungen ihres Bruders Patrick und anderer Angehöriger von RAF-Opfern, die die Attentate der RAF entpolitisierten und lediglich aus einer strafrechtlichen Perspektive betrachteten. Obwohl sie um ihren Vater trauere, erkenne sie an, dass die Motivation der RAF »radikale(r) Widerstand gegen soziale Ungleichheit, Ausbeutung und Unterdrückung« gewesen sei (ND, 17.1.2025). Garweg antwortete darauf öffentlich und kritisierte die Geschichte der RAF, die sich nach dem sogenannten Deutschen Herbst 1977 zu sehr auf eine militärische Konfrontation eingelassen und sozialrevolutionäre Kämpfe vernachlässigt habe (ND, 24.3.2025). Eine Reaktion Braunmühls darauf erschien in Analyse & ­Kritik (AK, 20.5.2025). (jW)


    Liebe Caroline,

    ich habe mich sehr über Deinen Brief im AK des 20.5.25 gefreut.

    Dein Leben, wie Du schreibst, ist durch das Attentat der RAF auf Deinen Vater mit dieser verbunden.

    Es stellen sich Fragen nach dem Sinn oder der Legitimation solcher »Akte des Äußersten« als Teil einer politischen Geschichte und als Teil eines Revolutionsversuches. Es ergeben sich Fragen nach einer politischen Erklärung und historischen Einordnung.

    Ich finde es bemerkenswert und interessant, dass Wera Figner, eine Sozialrevolutionärin aus Russland, die 1881 am Attentat auf den Zaren beteiligt war, bereits 1922 zum Teil ähnliche Fragen, wie die, mit denen wir uns auseinandersetzen, thematisierte. So sagt sie über ihre Zeit: »Der Terror (was in der heutigen Begrifflichkeit in einem emanzipatorischen Kontext dem militanten oder bewaffneten Kampf entsprechen würde, B. G.) war niemals ihr Selbstzweck. Es war ein Mittel der Verteidigung, des Selbstschutzes, mächtiges Instrument der Agitation, und wurde nur angewandt, wenn organisatorische Ziele erreicht werden sollten, (…) die alleine eine Umwälzung zwecks Übergabe der Macht an das Volk ermöglichen sollten. Im Herbst 1881 wurde die Zarentötung zu einer Notwendigkeit, zu einer brennenden Tagesfrage (…) Es gab einigen von uns den Anlass, Zarenmord und terroristische Tätigkeit fälschlich für unseren wesentlichen Programmpunkt zu halten.«

    Revolutionär*innen setzen sich seit mindestens 130 Jahren mit zum Teil gleichen Fragen, die sich in ihrem Kampf ergeben hatten, auseinander. Destruktive Entwicklungen, die sich im Kampf der RAF ergaben, sind gewissermaßen ein alter Hut.

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  • Erklärung von R. (74)

    Zur Zeugenvorladung der deutschen Bundesanwaltschaft (BAW) in Basel im Strafverfahren gegen Daniela Klette

    Nach der Festnahme von Daniela Klette im Februar 2024 in Berlin hörte ich, dass sie rund um die Uhr kameraüberwacht in Isolationshaft saß und weder Zeitungen noch was zu schreiben hatte. Da wurde mir klar, dass ich sehen wollte, wie es ihr geht. Ich wollte, dass sie als politischer Mensch weiter existieren und leben kann und nicht allein eingemacht wird. Selbst lebe ich mit einer Behinderung und bin auf Sauerstoffgeräte angewiesen, traute mir den Besuch deshalb nicht alleine zu. Zusammen mit einer alten Freundin besuchte ich sie im Juni 2024 im Knast in Vechta. Wir kannten Daniela von früher und wussten, wie oft sie sich gegen solche unmenschlichen Haftbedingungen bereits eingesetzt hatte.

    Gleich im Anschluss an den überwachten und videoaufgezeichneten Besuch, wurden wir unter Druck gesetzt. Das BKA wollte uns nicht gehen lassen, wir sollten vor Ort Zeugenaussagen machen. Dazu bauten die BKA-Beamten eine Drohkulisse auf: „Wir werden jetzt hier keine Gewalt anwenden,“ und dass ein Arzt für mich bereitstünde, falls es zu Problemen kommen würde. Wir bestanden darauf, zu gehen.

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  • Zur Mobilisierung zum Prozess gegen Daniela

    Rede auf der Kundgebung am 13. August 2025 in Verden-Eitze

    Das für den Staat Unerträgliche, dass nicht sein darf und was es nie hätte geben dürfen. Im Prozess gegen Daniela hier in Verden wegen Geldbeschaffung genauso im folgenden Prozess wegen Mitgliedschaft in der Roten Armee Fraktion, geht es dem Staat um eine weitere Abrechnung mit einem Teil linker Geschichte, genauer die Abrechnung mit dem bewaffneten Widerstand.

    Ja, die RAF ist genauso Geschichte wie die Bewegung 2. Juni,die Revolutionären Zellen oder die Rote Zora. Aber es ist mitnichten so, dass sie staatlicherseits zerschlagen wurden, dass es dem Staat gelungen ist, aller habhaft zu werden und die eingeknasteten GenossInnen gebrochen werden konnten.

    Keine Isolationshaft, keine noch so dicken Mauern konnten verhindern, dass die inhaftierten GenossInnen kollektive Kämpfe führten und diese Kämpfe von Teilen der linken Bewegung tatkräftig unterstützt wurde. Der Slogan „Drinnen und Draußen eine Bewegung, Einheit im Kampf für Zusammenlegung“ wurde für den Staat zur ganz konkret schmerzhaften Erfahrung im Laufe unzähliger Hungerstreiks. Auch die Kämpfe anderer militanter Gefangenen etwa der von „action directe“ aus Frankreich, Grapo-PCR aus Spanien, CCC aus Belgien, Rote Brigaden aus Italien, IRA aus Irland oder der ETA im Baskenland wurden solidarisch begleitet.

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  • Daniela Klette: Erklärung vom 13. August 2025

    Gegenvorstellung gegen den Beschluss der Kammer auf Ablehnung der Einholung eines Waffengutachtens vom 9.7.2025

    Wenn ich mir den Ablauf dieses Verfahrens in den letzten Monaten anschaue, stelle ich auf der einen Seite fest, dass das Gericht konziliant auftritt und um eine unaufgeregte Prozessatmosphäre bemüht ist.

    Gleichzeitig stelle ich aber auch fest, dass meine Bemühungen etwas von unserer Haltung klarzustellen, völlig ignoriert werden.

    Es dürfte allen, die bislang den Prozess und die Erklärungen, sowohl von mir als auch von Burkhard Garweg mitverfolgt oder die Anträge meiner Verteidigung wahrgenommen haben, deutlich geworden sein, dass es eines meiner Hauptanliegen in diesem Prozess ist, gegen den Vorwurf des Mordversuchs um an Geld für das Überleben in der Illegalität zu kommen, anzugehen.

    Im Vorlauf des Prozesses und bis heute gab es Stellungnahmen um klarzustellen, dass die Tötung von Menschen zur Geldbeschaffung unserem Selbstverständnis als radikale Linke vollkommen entgegensteht. Im Gegenteil sehen wir es als notwendig an, das kapitalistische System zu überwinden, weil dieses System Geld und Profit über alles Leben stellt.

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  • Antrag vom 5. August 2025 für ein aussagepsychologisches Sachverständigengutachten

    In der Strafsache gegen Daniela Klette (1 Ks 453 Js 24649/15 (112/24)) wird nach den Vernehmungen der Zeug*innen M.S., C.J., Z.J., D.J., A.N., M.S., H.-W.H., I.B, J.F., H.-J.H. und C.R. in den Sitzungen vom 18.06., 01.07. sowie 02.07.2025 sowie im Hinblick auf die noch ausstehenden und für die kommenden Wochen vorgesehenen Vernehmungen der Zeug*innen V.H., M.-W.H., PK R., POK’in H., KOK S., POK S. und PHK H. beantragt. ein aussagepsychologisches Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache, dass die von den genannten Tatzeug*innen abgegebenen Personenbeschreibungen und ldentifizierungsleistungen der Täter des Raubüberfalls von Cremlingen am 25.06.2016 sowie der von ihnen benutzten Waffen und Fahrzeuge aufgrund einer Vielzahl suggestiver Einwirkungen aussagepsychologisch hinsichtlich der Frage ihrer Glaubhaftigkeit nicht belastbar sind und keinerlei Beweiswert besitzen, einzuholen.

    Der Sachverständige wird dabei aufgrund der unten konkretisierten Tatsachen zu dem Ergebnis kommen, dass

    – die einzelnen vermeintlichen Erinnerungen der Zeug*innen durch die öffentlich bekannt gewordenen Fahndungsmaßnahmen gegen die Angeklagte und die beiden gesondert verfolgten S. und G. sowie durch die bereits vor Ort und dann auch im Rahmen der polizeilichen Zeug*innenvernehmungen erfolgten Bezugnahmen und Thematisierungen der möglichen Täterschaft des „RAF-Trios“ suggestiv beeinflusst wurden,

    sowie dass

    – es sich durch den Austausch der Zeug*innen vor Ort sowie durch von der Polizei vor Ort durchgeführten gemeinsamen Zeug*innen-Befragungen bei den Aussagen der Zeug*innen um Gemeinschaftserinnerungen und nicht um originäre Erinnerungen handelt.

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  • Erklärung der Verteidigung vom 8. Juli 2025 zum Sachverständigengutachten

    In der Strafsache gegen Daniela Klette gibt die Einführung folgender Dokumente aus dem Selbstleseband 2 „Stuhr“

    1. Gutachten des LKA Niedersachsen vom 26.06.2015 (Az. 2015/12501 /4-52.4-0503) gefasst durch Herr F. (Untersuchung Geschossfragmente aus Geldtransporter), Bl. 16-26, Gutachten Band 1 Sonderband II

    2. Gutachten der Bundeswehr „Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition vom 14.03.2016 (Az. 91-400-25/16) gefasst durch TORR L. (Beschussgutachten Geldtransporter), Bl. 363-485 Sonderband II Gutachten Band 1

    3. Vermerk der Polizeiinspektion Diepholz vom 24.08.2015 gefasst durch POK B. (Jammer und Mobilfunk), Bl. 24-27 Spurenakte 7 Spur 107.5.3

    Anlass zur Abgabe der folgenden Erklärungen nach § 257 StPO.

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  • Burkhard Garweg: Für die Demonstration „Burn all prisons“ in Berlin am 6. Juli 2025

    Seit mehr als einem Jahr ist Daniela im Gefängnis von Vechta eingesperrt. Mit öffentlicher Hetze gegen uns, die wir seit 30 Jahren als RAF verfolgt werden, propagieren Staatsanwaltschaft und Polizei unsere Gefährlichkeit und unterstellen uns Selbstbereicherung, die über Leichen gehe oder sie zumindest billigend in Kauf nehme.

    Eins sei hier gesagt: für uns war es zu jeder Zeit undenkbar, ausgeschlossen und fern, für Geld zu töten oder jemanden deswegen physisch zu verletzen. Dafür stehen alle Jahrzehnte unserer Illegalität.

    Was uns vorgeworfen wird, wäre der Notwendigkeit geschuldet, dass man im Kapitalismus Geld benötigt, um zu überleben. Und sei es für das Brot in der Illegalität. Das uns Unterstellte wäre dann wohl eine Art Mundraub.

    Es ist eine politische Entscheidung mit exorbitantem Verfolgungseifer, Härte und im Feindverhältnis gegen uns vorzugehen.

    Bestraft wird, wer nicht kooperiert und sich nicht unterwirft. Die Staatsanwaltschaft und die Polizei unternehmen vieles, um Daniela fertig zu machen: Besuchsverbote und Besuchsüberwachung, Vorladungen von Besucher*innen, Zensur, Ausschluss von politischen Diskussionen, Bleiweste usw.

    Das Signal in die Gesellschaft ist: Widerstand führt zu nichts als staatlicher Gewalt, und wer sich nicht unterwirft oder wenigstens kooperiert, wird kein Licht mehr sehen, wenigstens keines in Freiheit.

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