In der Strafsache gegen Daniela Klette gibt die Einführung folgender Dokumente aus dem Selbstleseband 2 „Stuhr“
1. Gutachten des LKA Niedersachsen vom 26.06.2015 (Az. 2015/12501 /4-52.4-0503) gefasst durch Herr F. (Untersuchung Geschossfragmente aus Geldtransporter), Bl. 16-26, Gutachten Band 1 Sonderband II
2. Gutachten der Bundeswehr „Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition vom 14.03.2016 (Az. 91-400-25/16) gefasst durch TORR L. (Beschussgutachten Geldtransporter), Bl. 363-485 Sonderband II Gutachten Band 1
3. Vermerk der Polizeiinspektion Diepholz vom 24.08.2015 gefasst durch POK B. (Jammer und Mobilfunk), Bl. 24-27 Spurenakte 7 Spur 107.5.3
Anlass zur Abgabe der folgenden Erklärungen nach § 257 StPO.
Zu 1.
Wie bereits in dem Erhebungs- (bzw. Verwertungs-) -widerspruch ausgeführt, ist der Sachverständige Herr F. über seinen Untersuchungsauftrag hinaus gegangen und hat nicht nur – wie angefragt – anhand des Tatvideos Auskunft über die verwendeten Waffen gegeben, sondern gleich noch die Schussabgaben interpretiert und bewertet. So entstand das Narrativ, der Schütze habe bei Schuss 2 in Richtung des Fahrers geschossen, obwohl schon bei genauer Betrachtung des Tatvideos erkennbar ist, dass dies gerade nicht der Fall gewesen ist.
Der Sachverständige war ausweislich des verlesenen Dokuments und der Aussage des bereits gehörten Zeugen M., teilweise am 9. Juni 2015 bei der Spurensicherung am Geldtransporter dabei. Anlässlich dieser Spurensicherung entstand das hier schon in Augenschein genommene „Zollstockfoto“ (SB 03, Bl. 35, Bild 24). Der Zeuge M. hatte in der Hauptverhandlung dazu angegeben, dass es durchaus möglich sei, dass die Vermutung der Schuss sei direkt in Richtung des Fahrersitzes abgegeben worden, dadurch entstanden sei, dass man sozusagen von hinten ausgegangen sei, also von der Einschussstelle in der Rückenlehne des Fahrersitzes den Zollstock angelegt habe, dann habe es mit dem Abrieb am Beifahrersitz gepasst. Deshalb sei man von einem Durchschuss ausgegangen.
Dass der Sachverständige F. Zweifel an dieser Version hatte, wird schon alleine dadurch deutlich, dass er ausweislich des Spurensicherungsberichtes vom 19. Juni 2015 (Sonderband 01, Gutachten 02, Bl 81f) nach dem 9. Juni 2015 eine erneute Spurensuche am Fahrersitz veranlasste, denn bei dem Tatablauf hätte der Stahlkern im Fahrersitz gefunden werden müssen. Obwohl diese erneute Suche nach dem Stahlkern durch Ausbau des Fahrersitzes erfolglos verlief, blieb er dann bei der „Zollstockversion“.
Es ist zu befürchten, dass sich Herr F. bei der Beschreibung des von ihm ermittelten Tathergangs bezüglich des Schusses auf die Beifahrerscheibe von dieser „Zollstock Visualisierung“ hat leiten lassen.
Die Kammer wird schon alleine aus Aufklärungsgesichtspunkten den Sachverständigen Freutel laden müsse, der dann bestätigen wird, dass bei einem Schuss in Richtung Fahrersitz, ein Eindringen des Stahlkern und nicht eines kleinen Stücks des Geschossmantels zu erwarten sei.
Zu 2.
Auch zu dem Gutachten der WTD 91 der Bundeswehr haben wir uns im Rahmen der Beantragung eines Gutachtens zur Tatrekonstruktion geäußert.
Festzustellen ist, dass der Versuchsaufbau in diesem Gutachten nicht mit dem tatsächlichen Tatgeschehen in Übereinstimmung zu bringen ist und zwar sowohl im Hinblick auf den Schuss auf die Scheiben als auch den 3. Schuss auf die Tür.
Der Seifenblock wurde 30 cm hinter der Panzerglasscheibe, bzw. der gepanzerten Tür aufgestellt und direkt darauf geschossen. Es wurde dann ausgehend von einem stehenden unbekleideten Menschen, die Schusseinwirkung auf jedes Körperteil übertragen.
Die Ergebnisse sind daher in Bezug auf die vorliegende Fallkonstellation nicht verwendbar.
Zu 3.
Der Vermerk befasst sich mit dem Versuch, einen möglichen Einsatz von „Jammertechnik“ während der Tatausführung durch die Auswertung von Funkzellen aufzuklären.
Dies ist allerdings ein unmögliches Unterfangen, da Störsender nicht in Funkzellen sichtbar werden. Sie überlagern das normale Signal der Funkmasten durch ein eigenes in einem sehr begrenztem Bereich, wirken also lediglich lokal.
Die Reichweite von Funkmasten ist unterschiedlich, aber auf jeden Fall sehr viel größer als die eines Jammer, so dass – egal was bei der Auswertung der Aktivitäten in der Funkzelle festgestellt wird – das Ergebnis nichts über den Einsatz von „Jammertechnik“ aussagt. Wenn telefoniert wurde, ist unklar, ob die Personen in der Nähe des Tatortes waren oder nicht. Das Beweismittel ist gänzlich ungeeignet.
Rechtsanwälte v. Klinggräff, Theune, Weyers

