Kategorie: O-Ton

  • Daniela Klette: »Kapitalismus tötet« – Erklärung vom 28. Mai 2025

    Am 10. Prozesstag gab Daniela Klette, nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, im laufenden Prozess gegen sie eine Erklärung ab, in der sie auch den millionenschweren Ausbau der Reithalle in Verden zum Gerichtsgebäude fungiert, kritisiert:

    Es gibt ja tausend Ideen, die den meisten sofort einfallen, wo statt für solch einen irrationalen Komplex Geld äußerst willkommen wäre: Schulgebäude, Kitas, Schwimmbäder, Krankenhäuser, Klima- und Umweltschutz, Frauenhäuser, würdige Lebensbedingungen für Geflüchtete usw. (…)

    Alle Anstrengungen werden auf Militarisierung und Kriegstüchtigkeit gerichtet – nach außen die Kriegstreiberei, die Aufrüstung und die deutsche Unterstützung des Völkermordes in Gaza und der Westbank durch die ununterbrochene Lieferung militärischen Materials an die rechtsradikale israelische Regierung. Und selbst, wenn jetzt zaghafte kritische Äußerungen aus Regierungskreisen zur israelischen Kriegführung kommen, wird sich nur an Taten wie Sanktionen und dem Stopp aller militärischen Unterstützung zeigen, ob das mehr als Politikertheater ist. Dass es überhaupt zu solchen Äußerungen gekommen ist, ist nur durch die Kontinuität und Ausweitung des palästinasolidarischen Widerstands und dem stärker werdenden internationalen Druck erreicht worden.

    Nach innen findet die Erweiterung der Polizeibefugnisse zur Überwachung und Verfolgung von Widerstand statt, unterstützt durch den technologischen Ausbau des Fahndungsapparates mit KI und Drohnen sowie die Entsolidarisierung innerhalb der Gesellschaft und die fortschreitende Entrechtung von Migranten, Geflüchteten und von Armut Betroffenen, die Umsetzung rechtsradikaler Forderungen als Regierungspolitik und die verschärfte Repression gegen diejenigen, die sehen, dass Kapitalismus Krieg und Faschismus in sich trägt und zur Zerstörung der Lebensbedingungen aller führt (…)

    Quelle: junge Welt, 31.05.2025

  • Grußwort von Daniela Klette zum Revolutionären 1. Mai Berlin

    An alle, die heute zur revolutionären 1. Mai-Demo zusammengekommen sind, lässt Daniela herzliche und kämpferische Grüße aus dem Frauenknast in Vechta ausrichten. Sie hat sich sehr über die Einladung des Berliner Bündnisses »Revolutionärer 1. Mai« gefreut. Sie ist voller Freude, auf diesem Weg dabei sein zu können.

    Der 1. Mai ist ein internationaler Kampftag. In Berlin ist er ein powervoller Ausdruck der Vielfalt von antikapitalistischem und internationalistischem Kampf, in denen das Bewusstsein wächst, dass wirkliche Befreiung nur mit der Überwindung von Kapitalismus und Patriarchat zu erreichen ist.

    Wie gern wäre Daniela jetzt, hier und heute an eurer Seite, um dieses Bewusstsein in die Straßen Berlins und die ganze Welt zu tragen und die Atmosphäre der gemeinsamen Kraft und Solidarität mitzuerleben. Für eine Welt ohne jede Ausbeutung und Unterdrückung!

    In Briefen und Besuchen hat sie mitbekommen, dass es vielen Menschen ähnlich geht wie ihr, nämlich von einem Entsetzen ins nächste zu geraten, über so viel Abgründiges, das dem Kapitalismus innewohnt und wogegen wir uns auf unterschiedliche Weise gestellt haben und stellen.

    Das ist der mit immer weiteren brutalen Menschenrechtsverletzungen laufende Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung und dessen tatkräftige Unterstützung durch die Bundesregierung mit Waffenlieferungen an die rechtsextreme israelische Regierung und durch die Verfolgung jeder palästinasolidarischen Aktivität.

    Das ist die zunehmende Militarisierung, Kriegsertüchtigung, der Drang, den Krieg in der Ukraine immer weiter mit immer weitreichenderen Waffenlieferungen zu befeuern und damit die Eskalation bis hin zum direkten Krieg Deutschlands gegen Russland zu riskieren oder zu ermöglichen. Wen wundert’s, wo doch der voraussichtlich nächste Bundeskanzler Merz jahrelang Lobbyist für die Blackrock-Gesellschaft war, die unter den führenden Funktionären von Rheinmetall und seit drei Jahren offizieller Koordinator des »Wiederaufbaus« der Ukraine ist. Die also für Superreiche den Gewinn am Krieg direkt und in Zukunft die Ausbeutung der Bodenschätze der Ukraine organisiert.

    Das ist der Sozialabbau hin zur Verarmung der Gesellschaft, zur Finanzierung der Militarisierung; dazu kommt die Faschisierung, die Entsolidarisierung durch die Hetze gegen Geflüchtete und alle, die auf gesellschaftliche Unterstützung angewiesen sind, die Brutalisierung, schon wieder tödliche Polizeischüsse, diesmal gegen Lorenz, einen jungen Schwarzen Deutschen in Oldenburg, das Zurückdrängen der Klimagerechtigkeitsbewegung und queerfeministischer Errungenschaften und die Repression gegen alle, die dagegen Widerstand leisten.

    Da werden äußerst dicke Mauern aufgebaut, die schon das Denken gefangen nehmen. Diese werden nur dann durchbrochen, wenn sich Proteste und Widerstandsbewegungen dagegen Gehör verschaffen.

    Daniela freut sich über Besuche und Briefe, die von Diskussionen und Aktivitäten erzählen, die der Dreistigkeit der reaktionären Macht etwas entgegensetzten.

    Sie sagt: »Es gibt so viel Wissen auf unserer Seite, Ideen von Menschen, die sich nicht der kapitalistischen Profitjagd unterwerfen. So viele Erfahrungen von Selbstorganisationen in kleinen und großen Zusammenhängen, von Fabrikbesetzungen, Enteignungskampagnen, bis hin zur Selbstverwaltung der kurdischen Befreiungsbewegung. All diese Erfahrungen sollten in die Gedanken und Versuche auf dem Weg zu einer befreiten Gesellschaft, für ein Leben in Freiheit miteinander und im Einklang mit allen Lebewesen einbezogen werden.«

    Daniela sagt, es sei ihr wichtig, auch heute gemeinsam den Protest gegen den Völkermord in Gaza und Westjordanland auf die Straße zu bringen. Stoppt die Waffenlieferungen!

    Zum 1. Mai möchte sie solidarische Grüße ausrichten. Solidarität unter allen Unterdrückten und Ausgebeuteten und allen in der Legalität, der Illegalität oder in den Gefängnissen, deren Sehnsucht ein gutes Leben für alle ist!

    • Nach mehr als 40 Jahren Gefangenschaft: Freiheit für Mumia Abu-Jamal!
    • Solidarische Grüße an die in der JVA Tegel gegen die unzumutbaren Knastbedingungen Kämpfenden wie Andreas Krebs und seine Mitgefangenen!
    • Solidarische Grüße an die in bayerischen Knästen eingesperrten N. und M.!
    • Solidarität mit dem Kampf der kurdischen und türkischen politischen Gefangenen in der Türkei!
    • Freiheit für Zaid und Maja und alle Antifas!
    • Solidarische Grüße an Marianna, Dimitra und Dimitri in Griechenland und Alfredo Cospito in Italien!
    • Freiheit für alle politischen Gefangenen in Deutschland und weltweit!
    • Liebe und Kraft für Volker, Burkhard und alle Untergetauchten!

    »Nicht nur für die Gefangenen, sondern für die gesamte Menschheit gilt: Frei sein können wir nur, wenn alle frei sind!« (Burkhard Garweg)

    In diesem Sinne wünscht Daniela euch eine kraftvolle, geschlossene und schöne 1. Mai-Demo!

    Solidarische Grüße zum 1. Mai an euch alle von Daniela Klette.

    Quelle: Revolutionärer 1. Mai Berlin, 01.05.2025

  • Daniela Klette: Es geht um die Abrechnung mit dieser Widerstandsgeschichte

    Freiheit für Daniela

    Vor dem Landesgericht Verden verlas Daniela Klette am 25. März 2025 folgende Prozesserklärung:

    Ich schließe mich dem Einstellungsantrag meiner Verteidigung an. Dem möchte ich nur einige Sätze hinzufügen. Nach dem Ende des Projekts Stadtguerilla der RAF im April vor 27 Jahren, waren Burkhard Garweg, Volker Staub und ich mit der weiteren öffentlichen Fahndung nach den angeblich »letzten ehemaligen Militanten aus der RAF« durch das BKA konfrontiert. Burkhard Garweg wurde sogar erst nach der Auflösung der RAF in diese öffentliche Fahndung gezerrt. Das war die staatliche Antwort auf die Selbstauflösung der RAF, so wie schon zuvor Bad Kleinen – die Erschießung von Wolfgang Grams – und weitere lange Jahre Haft und hohe Verurteilungen gegen Gefangene aus der RAF und Widerstand die Antwort auf die Deeskalationserklärung der RAF von 1992 gewesen waren.

    Wir haben uns dem Zugriff des Staates jahrzehntelang erfolgreich entzogen, was mir leider nur bis zum 26. Februar 2024 geglückt ist. Eine sehr wertvolle Zeit. Mit vielen Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, und noch viel mehr positiven Erfahrungen. Diese haben mich in meiner Überzeugung gestärkt, dass eine bessere Welt, in der Menschen einander zugewandt leben, nicht nur notwendig, sondern auch möglich ist, und sie tragen mich weiter durch alles das, was noch kommen wird. Heute möchte ich mich bei allen denen bedanken, die mit mir oder uns als Freund*innen oder liebe Bekannte zu unterschiedlichen Zeiten zusammen gewesen sind. Es war nicht einfach, nicht unsere wirkliche Geschichte offen machen zu können, aber das ist eine Regel der Illegalität zum Schutz aller. Dass so viele, mit denen ich befreundet oder nur bekannt war, völlig unvorbereitet die teils gewaltvolle Repression abbekommen haben und auch mit mehrmaligen Verhören drangsaliert wurden, tut mir leid. Ich hätte nicht erwartet, dass das so ausufernd und bedrohlich passieren würde. Ich hoffe, es geht den meisten von euch trotzdem wie mir, denn ich bin froh, euch kennengelernt zu haben. Am 26. Februar 2024 wurde ich aus meinem bisherigen Leben herausgerissen.

    Im letzten Jahr habe ich dann durch die Ermittlungsakte Einblick in das ganze Ausmaß der uferlosen Fahndung nach uns bekommen. Hier nur ein paar Beispiele: Es gab Bespitzelung früherer Freund*innen und Genoss*innen, Hausdurchsuchungen und Observationen bei unseren Familien, die Verfolgung alter Bekannter in ihre Urlaube in andere Länder, Befragungen dort auf Campingplätzen und in Hotels und sogar Observationen bei Begräbnissen – viel fischen im Trüben eben.

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  • Burkhard Garweg: »Die Möglichkeit eines historischen Moments ist jetzt«

    Zur Geschichte der RAF und der Frage der Rekonstruktion einer antikapitalistischen, sozialrevolutionären, antipatriarchalen und internationalistischen Bewegung in der heutigen Zeit.

    In ihrem Text in »nd.Die Woche« vom 18. Januar 2025 legt Caroline Braunmühl eine alternative Position zu jener bürgerlichen Haltung dar, die versucht, die Geschichte militanten und bewaffneten Widerstandes mit der Reduzierung dessen Inhalts auf Gewalt zu entpolitisieren und einen politischen Konflikt zu negieren.

    Es war auch mir in meiner Erklärung vom Dezember 2024 ein Anliegen, Widerstand gegen den Kapitalismus im Kontext der Gewaltverhältnisse – der Ausbeutung, der Herrschaft des Menschen über den Menschen, des Nationalismus, des Militarismus und des Krieges – darzustellen und damit die Auseinandersetzung entsprechend der historischen Realität zu führen und der Geschichtsschreibung der Herrschenden und ihren Versuchen der Manipulation entgegenzutreten.

    Das Ziel bürgerlicher Geschichtsschreibung ist die Delegitimierung und Kriminalisierung antikapitalistischen Widerstandes und seiner Geschichte. Ihre Eliten haben ein grundlegendes Interesse an der Beibehaltung, der Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse und daran, dass sie weiter ihren Profit machen können. Dafür steht die in die Geschichte eingegangene Proklamation der 1990er Jahre aus den Reihen ihrer Eliten: »there is no alternative«.

    Caroline Braunmühl verbindet mit der RAF und anderen militanten Gruppen, wie zum Beispiel der Roten Zora, radikalen Widerstand gegen die »Gewalt gesellschaftlich dominanter Gruppen und Individuen gegen sozial Untergeordnete – wie etwa Klassenjustiz, patriarchale Gewalt oder transnationale Beziehungen der Ausbeutung, Unterdrückung und des Krieges, von denen die Wirtschaftseliten auch in der BRD profitiert haben und heute profitieren«. Sie benennt die Berechtigung militanten Widerstandes gegen Gewaltverhältnisse und verneint gleichzeitig die Legitimation gezielter Attentate durch die RAF in ihrer Geschichte.

    Sie kritisiert meine Erklärung aus einer feministischen Perspektive und für Kritiklosigkeit an der RAF.

    Ich stimme mit ihr überein, dass ein reflektiertes Bild der Geschichte der Kämpfe mit der Fähigkeit, auch deren Schwäche zu sehen, notwendig ist. Es geht doch vor allem darum, Rückschlüsse für die Kämpfe der Zukunft ziehen zu können.

    Die Welt des dominierenden, kapitalistischen Systems bewegt sich in zunehmender Fahrt in Richtung gesellschaftlicher und globaler Erosionen: Krieg, Armut, Vertreibung und die Zerstörung der ökologischen Lebensgrundlage des Planeten. Der bürgerliche Staat – und das betrifft das gesamte kapitalistische Zentrum Europa und die USA – bedient sich zunehmend rechter und autoritärer Mittel. Er bedient sich der Konstruktion von »Volksgemeinschaft« in Abgrenzung zu Migrant*innen, Muslim*innen, Geflüchteten und Armen. Er bedient sich des Rassismus, des Nationalismus und einer rasanten Militarisierung nach innen und außen. Dies hat – die zum Teil auch beabsichtigten – Rückwirkungen auf die bürgerliche Gesellschaft.

    Diese radikalisiert sich an den innergesellschaftlich tief verankerten rassistischen, patriarchalen und sozialen Formen der Differenzierungen, Ausgrenzung und Unterdrückung. Die Welt bewegt sich unverkennbar in Richtung eines infernalen Kipppunktes, der sozialen, ökologischen und militärischen Erosionen.

    Der Kapitalismus bietet dafür keine Lösung an. Es wäre auch ein Widerspruch in sich. Die Krisenlösungen der Eliten sind nunmehr Autoritarismus, Faschisierung, Krieg und der Prozess der Vereinheitlichung bürgerlicher und faschistoider Politik. Das ist nichts anderes als die Fahrt in den möglichen Abgrund mit deutlichen Parallelen zu den historischen Krisenentwicklungen, die in den Weltkriegen von 1914 und 1939 mündeten – allerdings mit einem in der heutigen Zeit extrem gestiegenen, globalen Zerstörungspotenzial.

    Wer das verhindern will, sollte sich weniger mit der aussichtslosen Rettung der bürgerlichen Demokratie als einer Facette des Kapitalismus und der damit einhergehenden Beibehaltung der grundlegenden Gewaltverhältnisse auseinandersetzen, sondern mit sozialrevolutionären Alternativen, die nur als Ergebnis sozialrevolutionärer und emanzipatorischer Kämpfe erreicht werden können.

    Es ergeben sich existenzielle Fragen: In welchen Schritten, Initiativen und Prozessen ist die Rekonstruktion einer antikapitalistischen, sozialrevolutionären und internationalistischen Linken erreichbar?

    Aber eben auch: Was nehmen wir mit in die Zukunft aus den Kämpfen und aus den Konzepten der Geschichte, aus den Versuchen, den insgesamt durch und durch gewalttätigen Kapitalismus und Imperialismus zu überwinden? Wie diskutieren und schreiben wir als revolutionäre Linke die Geschichte von unten und eignen sie uns an für die Kämpfe von heute und morgen und gegen die propagandistische, entpolitisierende und kriminalisierende Geschichtsschreibung von oben?

    Ich sehe in der Geschichte der RAF Mut und Entschlossenheit, etwas zu wagen, zu riskieren und die Unbedingtheit und Ernsthaftigkeit und die Aufgabe eigener Privilegien, die es auch braucht, die Transformation des Elends von Herrschaft und Unterdrückung – mitsamt der Umwälzung von innergesellschaftlichen Machtgefällen – zu erreichen.

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  • Daniela Klette: Grußwort aus der Haft

    Auf der 30. Internationalen ­Rosa-Luxemburg-Konferenz verlas der Schauspieler Rolf Becker ein Grußwort der in der JVA Vechta in Untersuchungshaft sitzenden mutmaßlichen früheren RAF-Militanten Daniela Klette, das jW dokumentiert:

    Liebe Teilnehmer*innen der Rosa-Luxemburg-Konferenz,
    liebe Genoss*innen,

    ich grüße Euch heute aus dem Gefängnis von Vechta. Ich wurde vor bald einem Jahr nach Jahrzehnten des Lebens in der Illegalität verhaftet.

    Vor mir liegt ein mehrere Jahre dauerndes Justizverfahren, in dem ich angeklagt werde, an bewaffneten Enteignungsaktionen teilgenommen zu haben. Darüber hinaus strebt die Justiz nach einem weiteren Prozess gegen mich, in dem ich angeklagt werden soll, als Militante an Aktionen der Stadtguerilla gegen Kapitalismus und Imperialismus teilgenommen zu haben.

    Ich war 17, als der vietnamesische Befreiungskampf den US-angeführten Imperialismus besiegte. Der unglaubliche Sieg wurde mit weltweiter Solidarität erkämpft – trotz Napalm, trotz der enormen Militärmaschine, die der Befreiungsbewegung entgegenstand, und trotz der Massaker an der vietnamesischen Bevölkerung, die die US-Militärs mit der Hilfe und Komplizenschaft des Westens, allen voran Deutschlands, verübt hatten.

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  • Burkhard Garweg: Grüße aus der Illegalität

    Burkhard Garweg wendet sich in einem Brief an Familie, Freund*innen, Genoss*innen, Verbündete, Wagenplatzbewohner*innen sowie an alle, die sich mit seiner und ihrer Sicht auseinandersetzen wollen:

    »Legal, illegal, scheißegal. Am 26. Februar diesen Jahres wurde Daniela Klette in Berlin verhaftet. Journalist*innen, die sich bereitwillig als Hilfs­po­li­zis­t*in­nen angedient hatten und dazu beitrugen, den zunehmend autoritär agierenden Staat um die staatliche und gesellschaftliche Gemeinschaft von Fahn­de­r*in­nen und De­nun­zi­an­t*in­nen zu ergänzen, hatten mit KI Technologie Bilder von Daniela im Internet aufgespürt. Das historische Verdienst dieser podcastjournalistischen De­nun­zi­an­t*in­nen wird es gewesen sein, im richtigen Moment den Beweis für die angebliche Notwendigkeit biometrischer Kontrolle durch Gesichtserkennung auf dem Weg zum totalitären Kontrollstaat erbracht zu haben.

    Täuschung der Öffentlichkeit

    Die darauf folgende polizeiliche Fahndung gegen Volker Staub und mich sind seither geprägt von Lügen und Hetze. Polizei und bürgerliche Medien sagen, wir seien gewalttätige Kriminelle bzw. Terroristen, die nicht davor zurückschrecken würden, für Geld zu töten. Das Haus, in dem Daniela gewohnt hatte, wurde wie auch die Nachbarhäuser wegen angeblich gefährlicher Sprengstoffe medienwirksam evakuiert. Es begannen Maßnahmen der Mobilisierung der Bevölkerung zur Fahndung und Operationen psychologischer Kriegsführung. Es ist mittlerweile bekannt, dass eine gefundene Granate und eine gefundene Panzerfaust Attrappen waren. Das muss die Polizei von Anfang an gewußt haben. Diese ganze Aktion über mehrere Tage war eine Operation zur Täuschung und Manipulation der Öffentlichkeit.

    Die fortwährende Propagierung unserer Gewalttätigkeit und Gefährlichkeit, die Haus- und Wagenplatzdurchsuchungen in martialischer Form, gepanzerte Fahrzeuge und MP bewaffnete Po­li­zis­t*in­nen als sei der Krieg ausgebrochen, Kontrollen und Festnahmen sind mit den bewußt erzeugten Bildern nichts als die Behauptung der Notwendigkeit polizeilicher Militarisierung und eine Inszenierung, um die Bevölkerung zur Fahndung zu mobilisieren.

    Vor allem aber geht es ihnen mit dem erzeugten Bild krimineller Ge­walt­tä­te­r*in­nen darum, die Geschichte der Funamental-Opposition zu entpolitisieren und zu denunzieren – jene Geschichte des historischen Versuchs, zur Befreiung von den Gewaltverhältnissen des Kapitalismus beizutragen, der aus dem Widerstand der (19)68er Bewegung hervorgegangen und mit den weltweiten revolutionären und antikolonialen Kämpfen verbunden war.

    Vor 26 Jahren endete das Projekt Stadtguerilla in Form der RAF. Jedoch endete für uns, die wir als Militante der RAF verfolgt wurden, nicht das Leben in der Illegalität.Das Bild, das von uns zu erzeugen versucht wird, beschreibt eine gewalttätig marodierende Räuberbande, die für die Allgemeinheit gefährlich und auch zum Töten bereit sei – und das nur für Geld. Für uns ist es jedoch ausgeschlossen, für Geld Gewalt gegen Menschen auszuüben, die sie töten oder physisch verletzen könnte. Jegliche Traumatisierung von Angestellten von Kassenbüros oder Geldtransportern ist zu bedauern.Es gibt keinen Grund den Polizei- oder Justizapperat irgendetwas zu glauben, weil sie davon geleitet sind die Fundamentalopposition zu delegitimieren und davon, ein Klima zu erzeugen, in der staatliche Gewalt und Repression gerechtfertigt erscheinen.

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  • Daniela Klette: Stellungnahme

    In einem Schreiben an die Presse erklärt Daniela Klette:

    »Die Staatsanwaltschaft Verden konstruiert eine Geschichte, nach der ich sowie Volker Staub und Burkhard Garweg, nach denen weiterhin mit maßlosem Aufwand und begleitet von dreister Medienhetze gefahndet wird, eine skrupellose Bande gewesen sein sollen. 26 Jahre nach Auflösung der RAF setzt der Staat weiter auf Eskalation und Denunziation. Sie behaupten, wir wären bereit gewesen für Geldbeschaffung, fürs Überleben in der Illegalität, Menschen zu töten. Für Menschen aus der Geschichte der revolutionären Linken in der BRD wäre dies niemals in Frage gekommen. Im Gegenteil: Beim Kampf um Befreiung geht es doch gerade auch um eine Welt ohne Gier nach Geld, frei von Ausbeutung und jeglicher Unterdrückung.«

    Quelle: Süddeutsche Zeitung, August 2024

  • Daniela Klette: Grüße aus Vechta

    Für die Veranstaltung „Solidarität mit Daniela“ am 10. Mai 2024 in Hamburg hat Daniela Klette folgendes Statement geschrieben:

    »Liebe Freund*innen,

    ich schicke Euch viele Grüße aus Vechta und bedanke mich für Eure Solidarität! Meine Haftbedingungen haben sich schon sehr zum positiven verändert: so habe ich eine Stunde gemeinsamen Hofgang mit anderen Frauen und noch eine Stunde Aufschluss, bin in einer Zelle ohne Videokamera, und die Fenster kann ich öffnen. Zu dieser Veränderung hat ganz wesentlich die Öffentlichkeit, die Ihr hergestellt habt, und die Solidarität von vielen beigetragen.

    Die vielen Briefe und Grüße haben mir in der harten Zeit am Anfang Kraft gegeben und gezeigt, dass ich nicht allein bin. Ich wünsche Euch eine schöne Veranstaltung und viel Kraft und Elan im Kampf für eine bessere Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung, in der die Menschen füreinander da sind!«

    Quelle: junge Welt, 13.05.2024